Studie: Strukturelle Hirnveränderungen nach SARS-COV-2-Infektion auch nach milden Verläufen nachgewiesen

verfasst von Mag. Carina Reiter und Mag. Dr. Thomas Bodner, MSc.

In einer aktuellen Studie einer Arbeitsgruppe vom Nuffield Department of Clinical Neurosciences (NDCN) an der University of Oxford, die in Nature (2022, DOI: 10.1038/s41586–022–04569–5) veröffentlicht wurde, konnten Veränderungen in bestimmten Hirnarealen nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 gefunden werden. 

In verschiedenen Untersuchungen wurden bisher Hinweise auf gehirnbedingte Veränderungen bei COVID-19 Erkrankungen gefunden. Nach wie vor wenig bekannt ist jedoch, ob solche Auswirkungen auch bei milderen Verläufen einer COVID-19 Erkrankung entdeckt werden können. 
In der vorliegenden Studie wurden daher mögliche Gehirnveränderungen bei 785 Personen aus der UK Biobank im Alter zwischen 51 und 81 Jahren untersucht. Alle Teilnehmer wurden zweimal mittels Magnetresonanztomografie (MRT) untersucht. Unter allen Teilnehmern wurden insgesamt 401 Fälle zwischen ihren beiden Scans positiv auf eine Infektion mit SARS-COV-2 getestet. Die Kontrollgruppe bestand aus 384 Personen. Bei den COVID-positiv getesteten Personen lagen zwischen der Diagnose und dem zweiten MRT-Scan durchschnittlich 141 Tage. 

Beim Vergleich der beiden Gruppen konnten signifikante Effekte identifiziert werden. Zum einen konnte eine größere Reduktion der Dicke der grauen Substanz und des Gewebekontrasts im orbitofrontalen Kortex und im parahippocampalen Gyrus gefunden werden sowie größere Gewebeschäden in Regionen, die funktionell mit dem primären olfaktorischen Kortex verbunden sind. Zum anderen wurde eine stärkere Reduktion der globalen Gehirngröße gefunden. 
Zudem zeigten infizierte Teilnehmer geringere kognitive Leistungen im Trail-Making-Test. 

Auch nach Ausschluss von 15 Fällen, die ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, konnten diese bildgebenden und kognitiven Längseffekte weiterhin nachgewiesen werden. 

Diese hauptsächlich das limbische System betreffenden auftretenden Veränderungen in der Bildgebung geben Hinweise auf eine Krankheitsausbreitung über olfaktorische Bahnen. Diese könnten auch für neuroinflammatorische Ereignisse oder den Verlust sensorischer Inputs aufgrund von Anosmie stehen. 

Nach wie vor fraglich ist, ob sich diese Gehirnveränderungen teilweise oder vielleicht gänzlich wieder rückbilden können oder ob diese Auswirkungen langfristig bestehen bleiben könnten. Diese und viele weitere Fragen müssen mit Folgestudien noch untersucht werden so die Autoren. 

Zusammenfassend konnte diese Studie zeigen, dass es auch bei Covid-Infektionen ohne schwere neurologische Begleiterkrankungen (z.B. Enzephalitis, Schlaganfall) zu strukturellen Veränderungen kommen kann. Häufig werden nämlich in konventionellen bildgebenden Befunden im Klinischen Alltag keine Veränderungen beschrieben.

Aus neuropsychologischer Sicht wird sich die Frage stellen welche langfristigen Auswirkungen diese Gehirnveränderungen auf kognitive Funktionen oder aber auch auf das mögliche Risiko zur Entwicklung weiterer Erkrankungen (z.B. dementielle Abbausymptomatik etc.) haben werden. 


Quelle: Douaud, G. et al. SARS-CoV-2 is associated with changes in brain structure in UK Biobank. Nature 

doi.org/10.1038/s41586-022-04569-5. (2022).