Die zerebrovaskuläre Reaktivität (CVR)
In der Zeitschrift Neurology vom Jänner 2025 ist ein interessanter Artikel veröffentlich, in dem es um die Zusammenhänge von Durchblutung im Hippocampus bei älteren Menschen mit und ohne kognitive Beeinträchtigung geht. Dies ist aus meiner Sicht deshalb interessant, weil in dem Zusammenhang meist das Hauptaugenmerk auf Neurodegeneration, auf vaskuläre Risikofaktoren und damit auf Mikroblutungen und Ischämien, nicht aber auf das zerebrovaskuläre Reaktionsvermögen gelegt wird. Die Studie konnte zeigen, dass die zerebrovaskuläre Reaktivität auf Hyperkapnie mit der verbalen Gedächtnisleistung verbunden ist.
Lesen Sie im folgende die kurze deutschsprachige Zusammenfassung des Artikels:
Association of Medial Temporal Lobe Cerebrovascular Reactivity and Memory Function in Older Adults With and Without Cognitive Impairment von Arunima Kapooret al.; Neurology, January 14, 2025 issue, 104 (1);
Die zerebrovaskuläre Reaktivität (CVR) bezeichnet die Fähigkeit der zerebralen Blutgefäße, den Blutfluss als Antwort auf vasoaktive Stimuli zu modulieren. Sie ist eng mit kognitiven Funktionen bei zerebrovaskulären und neurodegenerativen Erkrankungen verbunden. Bisher wurde die CVR im medialen Temporallappen nur in wenigen Studien untersucht, obwohl dieser Bereich bekanntermaßen bereits im Frühstadium der Alzheimer-Krankheit betroffen ist und eine wesentliche Rolle bei der Gedächtnisfunktion spielt. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zu untersuchen, ob die CVR im medialen Temporallappen mit der Gedächtnisleistung bei älteren Erwachsenen mit und ohne leichte kognitive Beeinträchtigung (MCI) in Zusammenhang steht.
Im Rahmen dieser Beobachtungsstudie wurden bei älteren Erwachsenen ohne Demenz oder Schlaganfall eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns, eine neuropsychologische Untersuchung sowie eine Blutentnahme durchgeführt. Mithilfe der pCASL-MRT wurde die zerebrale Durchblutung im medialen Temporallappen während der CVR-Reaktion auf Hyperkapnie (provoziert durch visuell geführte Atemübungen mit 15 Sekunden Atemanhalten) quantifiziert. Die Diagnose der MCI sowie die Gedächtnisleistung wurden durch eine umfassende neuropsychologische Untersuchung erfasst. Zur Analyse des Zusammenhangs zwischen der medial-temporalen CVR und der MCI-Diagnose sowie der Gedächtnisleistung wurden logistische und hierarchische lineare Regressionsmodelle verwendet.
Die Stichprobe umfasste 144 ältere Erwachsene. Bei den Teilnehmern mit MCI war die CVR im medialen Temporallappen im Vergleich zu gesunden Probanden signifikant reduziert. Darüber hinaus war die zerebrovaskuläre Reaktivität auf Hyperkapnie mit der verbalen Gedächtnisleistung für Geschichten sowie mit dem visuellen Gedächtnis assoziiert.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Dysfunktion der zerebrovaskulären Reaktivität im medialen Temporallappen mit kognitiven und Gedächtnisleistungen bereits vor dem Auftreten von Demenz in Verbindung steht, unabhängig von pathophysiologischen Veränderungen der Alzheimer-Marker.