Covid-Infektion: Symptome und die Zeit -
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Im Alltag haben wir Klinischen Psycholog:innen immer wieder mit Menschen zu tun, die nach einer durchgemachten Covid-Infektion neben Müdigkeit und einer reduzierten Belastbarkeit auch kognitive Defizite, vor allem Gedächtnis-, Konzentrations,- Denk- und Wortfindungsstörungen beklagen. Nicht selten landen solche „Fälle“ dann auch vor Gericht, nämlich dann, wenn es ums Krankengeld, um die Minderung der Erwerbsfähigkeit, um den Grad der Behinderung oder auch um eine Früh- oder Invaliditätspension geht. In den psychologischen Untersuchungen finden wir manchmal wenig Symptome, manchmal eine ausgeprägte Symptomatik, meist mit und selten ohne Hinweise auf eine Aggravation und Simulation. Häufig stehen Klagen im Vordergrund, die nicht zum psychometrisch erhobenen Leistungsprofil passen. In den allermeisten Fällen liegen keine bildgebenden Befunde vor. So bleibt dann dem Neuropsychologen, die erhobenen Defizite zu interpretieren und zu erklären, was in vielen Fällen nicht ganz trivial ist, eben deshalb, weil keine zugrundeliegende Ursache sicher nachweisbar ist.
In der ersten Arbeit geht es um einen Vergleich von Patient:innen mit einer Covid-Infektion, die entweder auf einer Intensivstation oder auf einer Normalstation behandelt worden sind.
Die zweite Arbeit hat nichts mit Neuropsychologie zu tun, ist aber deshalb interessant, weil es eine Arbeit ist, die nachweisen kann, dass zwei Jahre nach einer Infektion keine Antikörper mehr nachweisbar sind. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil viele Menschen kognitive Beschwerden auch über zwei Jahre nach einer Covid-Erkrankung bemerken und einige davon so schwer davon betroffen scheinen, dass sie keiner Arbeit mehr nachgehen können.
Mit diesen beiden Arbeiten lässt sich das komplexe Krankheitsbild Post-Covid oder Long-Covid weder umfassend beschreiben noch erklären, aber einige wichtige Informationen lassen sich wohl ableiten: In den meisten Fällen verursachen auch schwere Covid Infektionen keine wesentlichen und langfristigen neuropsychologischen Symptome, und nach ca. 2 Jahren lassen sich keine Krankheitserreger mehr nachweisen, sodass auch die mögliche Ursache für derartige Beschwerden nicht mehr vorhanden ist;
Für Sie zusammengefasst (bzw. übersetzt):
Simona Klinkhammer, Janneke Horn, Annelien A. Duits, Johanna M. A. Visser-Meily, Esmée Verwijk, Arjen J. C. Slooter, Alida A. Postma, Caroline M. van Heugten, NeNeSCo Study Group. Neurological and (neuro)psychological sequelae in intensive care and general ward COVID-19 survivors. Eur J Neurol. 2023 Jul;30(7):1880-1890. First published: 03 April 2023
Die Coronavirus-Erkrankung 2019 (COVID-19) betrifft das Gehirn und führt zu langfristigen Störungen. Es fehlen Studien, die Hirnanomalien mit objektiven und subjektiven Konsequenzen kombinieren. Die Studie untersuchte langfristige strukturelle Hirnanomalien sowie neurologische und (neuro-)psychologische Konsequenzen bei COVID-19-Patienten, die auf der Intensivstation (ICU) oder der allgemeinen Station aufgenommen wurden. Ziel war es, eine multidisziplinäre Sichtweise der Auswirkungen einer schweren COVID-19 Erkrankung auf die funktionelle Leistungsfähigkeit zu entwickeln und die Langzeitfolgen zwischen Patienten auf der Intensivstation und Patienten auf der Allgemeinstation zu vergleichen.
Methodik: In dieser multizentrischen, prospektiven Kohortenstudie wurden Hirnanomalien (3-Tomographie), kognitive Dysfunktion (neuropsychologische Testbatterie), neurologische Symptome, kognitive Beeinträchtigung, emotionaler Stress und Wohlbefinden (Selbstbericht-Fragebogen) auf der Intensivstation und auf der Allgemeinstation untersucht.
Ergebnisse: Insgesamt nahmen 101 Intensivpatienten und 104 Nicht-Intensivpatienten 8-10 Monate nach der Entlassung teil. Die Intensivpatienten hatten signifikant mehr zerebrale Mikroblutungen (61% vs. 32%, p < 0,001) und eine höhere Anzahl an Mikroblutungen (p < 0,001). Hinsichtlich kognitiver Dysfunktion, neurologischer Symptome, kognitiver Beeinträchtigung, emotionalem Stress oder Wohlbefinden wurden keine Gruppenunterschiede festgestellt. Die Anzahl der Mikroblutungen konnte die kognitive Dysfunktion nicht vorhersagen. In der Gesamtstichprobe zeigte das kognitive Screening bei 41% der Patienten eine kognitive Dysfunktion und die neuropsychologischen Standardtests bei 12% eine kognitive Dysfunktion; 62% berichteten über ≥3 kognitive Störungen. Klinisch relevante Werte für Depression, Angst und posttraumatischen Stress wurden bei 15%, 19% bzw. 12% gefunden; 28% litten unter Schlaflosigkeit und 51% unter schwerer Müdigkeit.
Fazit: Intensivpatienten mit Coronavirus-2019-Erkrankung hatten eine höhere Prävalenz von Mikroblutungen, aber keine kognitive Beeinträchtigung im Vergleich zu Überlebenden auf Allgemeinstationen. Die selbst berichteten Symptome überstiegen die kognitiven Beeinträchtigungen. Kognitive Störungen, neurologische Symptome und starke Müdigkeit wurden in beiden Gruppen häufig berichtet, was mit dem Post-COVID-19-Syndrom übereinstimmt.
Andreas Zollner, Robert Koch, Almina Jukic, Alexandra Pfister, Moritz Meyer, Nikolaus Wick, Georg Wick, Annika Rössler, Janine Kimpel, Timon E Adolph, Herbert Tilg. Clearance of gut mucosal SARS-CoV-2 antigens and post-acute COVID-19 after two years in patients with inflammatory bowel disease. Gastroenterology. 2024 Apr 15:S0016-5085(24)00423-2.
An der Universitätsklinik Innsbruck wurde im Rahmen einer Covid-Folgestudie festgestellt, dass alle untersuchten Patientinnen und Patienten spätestens nach zwei Jahren keine Virusbestandteile im Darm und keine Long-Covid-Symptome mehr aufwiesen. An der Studie nahmen insgesamt 21 Patientinnen und Patienten teil, die an einer Grunderkrankung - einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung - litten und leichte bis mittelschwere Long-Covid-Symptome aufwiesen. Die wichtigsten Ergebnisse im Einzelnen: Von den 21 klinisch untersuchten Patientinnen und Patienten waren alle nach zwei Jahren zu 100 Prozent beschwerdefrei. Nach zwei Jahren waren keine Virusbestandteile mehr nachweisbar. Der Körper bzw. das Immunsystem hat die Viren erfolgreich eliminiert. Auch das Glückshormon Serotonin, von dem man weiß, dass es bei Long Covid vermindert ist, habe sich wieder normalisiert. Wenn die Viren verschwinden, steigt der Serotoninspiegel im Blut im Vergleich zu vorher wieder an", erklärt einer der Studienautoren.